Bielefeld, 9. Mai 2025 – Das Landgericht Bielefeld hat im Prozess um den gewaltsamen Tod des 20-jährigen Philippos Tsanis im Kurpark von Bad Oeynhausen einen 19-jährigen Angeklagten zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt. Der junge Mann wurde unter anderem wegen versuchten Totschlags, Körperverletzung und Raubes mit Todesfolge schuldig gesprochen. Die Tat, die im Juni 2024 nach einer Abifeier stattfand, hatte bundesweit für Entsetzen und eine Debatte über Migration und Gewalt gesorgt.
Ablauf der Tat
Am Abend des 23. Juni 2024 feierte Philippos Tsanis den Abiball seiner Schwester in Bad Oeynhausen. Im nahegelegenen Kurpark kam es zu einer zufälligen Begegnung mit dem Angeklagten, Mwafak al-S., einem 19-jährigen Syrer. Laut Urteilsbegründung beobachtete der Angeklagte, wie Philippos und zwei Freunde Kokain konsumierten. In der Hoffnung, selbst etwas abzubekommen, sprach er die Gruppe an. Es entwickelte sich eine Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Angeklagte Philippos verfolgte, ihn zu Fall brachte und auf ihn einschlug und eintrat. Die schweren Verletzungen, insbesondere am Kopf, führten zwei Tage später zum Tod des jungen Mannes im Krankenhaus. Anschließend entwendete der Täter die Umhängetasche des Opfers, in der er fälschlicherweise Drogen vermutete.
Beweise und Prozess

Entscheidend für die Verurteilung waren zwei Videos, die in der Tatnacht von Jugendlichen aufgenommen und später von der Polizei wiederhergestellt wurden. Darauf ist zu sehen, wie der Angeklagte Philippos verfolgt, ihn zu Boden tritt und die Tasche stiehlt. Blut- und DNA-Spuren des Opfers am Schuh des Angeklagten untermauerten die Anklage. Mwafak al-S. räumte ein, Philippos geschlagen und die Tasche gestohlen zu haben, bestritt jedoch, ihn absichtlich zu Fall gebracht oder weiter attackiert zu haben. Die Verteidigung plädierte auf eine Verwarnung, konnte das Gericht jedoch nicht überzeugen.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine neunjährige Jugendstrafe gefordert, was nahe der Höchststrafe von zehn Jahren liegt. Das Gericht folgte diesem Antrag und berücksichtigte das Jugendstrafrecht, da der Angeklagte zur Tatzeit 18 Jahre alt war. Der Vorsitzende Richter Carsten Clashörster betonte in seiner Urteilsbegründung, dass ein Urteil den Schmerz der Familie nicht lindern könne.
Reaktionen der Familie
Philippos’ Eltern, Joanna Steinmann Glogowski und Dimitris Tsanis, waren als Nebenkläger im Prozess vertreten. Joanna zeigte sich zufrieden mit dem Urteil: „Ich habe diesem Tag entgegengefiebert. Es ist ein Abschluss für uns.“ Sie verarbeitet den Verlust ihres Sohnes unter anderem durch das Schreiben eines Buches, in dem sie die Ereignisse schildert. Dimitris Tsanis erklärte: „Endlich haben wir Gerechtigkeit für unseren Sohn.“ Beide Eltern hatten während des Prozesses an jedem Verhandlungstag teilgenommen.
Gesellschaftliche Debatte
Der Fall löste eine bundesweite Diskussion über Zuwanderung und Abschiebung aus, da der Angeklagte 2016 als Flüchtling nach Deutschland kam und bereits vorher durch Straftaten, darunter Raub und Drogendelikte, auffällig geworden war. Der Prozess wurde von Medien und Politik aufmerksam verfolgt, wobei der Angeklagte zeitweise behauptete, aufgrund seiner Herkunft vorverurteilt worden zu sein.
Ausblick
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und die Verteidigung könnte Berufung einlegen. Für die Familie Tsanis markiert das Urteil einen wichtigen Schritt in ihrer Trauerbewältigung, auch wenn der Verlust ihres Sohnes unersetzlich bleibt. Der Fall wird voraussichtlich weiterhin gesellschaftliche und politische Wellen schlagen.